Thumbnails der Business Tapas von Diana Walther mit dem Titel "Geschäftsmodelle unter politischem Druck".

Wenn der Rahmen nicht mehr passt – Geschäftsmodelle unter politischem Druck

Wie politische Rahmenbedingungen bestehende Geschäftsmodelle im Mittelstand gefährden – und welche Strategien Unternehmer jetzt brauchen, um zukunftsfähig zu bleiben

Inhaltsverzeichnis

Vielleicht ist der gefährlichste Wettbewerber für den deutschen Mittelstand nicht China, nicht der Fachkräftemangel – sondern unsere Politik?

Willkommen zu einer neuen Folge von Business Tapas, dem Format für mittelständische Unternehmer, die keine Ausreden suchen, sondern pragmatische Lösungen.

„Es ist nicht der Markt – es ist der Rahmen“

Ich weiß – meine Aussage klingt drastisch. Aber so ähnlich hat das gestern eine Unternehmerin formuliert. Wörtlich sagte sie:
„Es ist nicht der Markt, der uns gefährlich wird – es ist der Rahmen, in dem wir wirtschaften müssen.“

Wir sprachen über Strompreise, CO₂-Vorgaben, bürokratische Belastung, Mindestlohn – und über das Gefühl, nicht mehr für den Kunden zu arbeiten, sondern gegen die Politik zu kämpfen.

Und genau darum geht es in diesem Artikel:
Was passiert, wenn die politischen Rahmenbedingungen die Substanz eines Geschäftsmodells gefährden? Und wie können wir als Unternehmer darauf reagieren – ohne zu resignieren?

Oder noch zugespitzter: Kann ein Land ohne Industrie weltweit überhaupt noch Bedeutung haben?

 

Die Realität vieler Unternehmer: Unsicherheit statt Gestaltungsspielraum

Meine Kundin stellt sich eine zentrale Frage: Wie kann man ein Produktionsunternehmen in Deutschland überlebensfähig machen? Und sie ist nicht allein.

Ich spreche täglich mit Unternehmerinnen und Unternehmern, die ähnliche Herausforderungen haben:

  • Wie sollen wir investieren, wenn sich die Rahmenbedingungen ständig ändern?

  • Wie kann man langfristig planen, wenn Energiepreise, Lohnnebenkosten und Bürokratie jedes Jahr steigen?

  • Was tun, wenn Mitarbeiter wegen Prämien und Benefits abgeworben werden?

  • Und vor allem: Wie finanzieren wir dauerhaft den steigenden Mindestlohn?

 

Geschäftsmodelle unter Druck – Was bleibt von früheren Erfolgsrezepten?

Wir stehen an einem Punkt, an dem viele Geschäftsmodelle, wie sie in den letzten 10 bis 20 Jahren funktioniert haben, in ihrer bisherigen Form nicht mehr tragfähig sind.

Das hat nicht nur wirtschaftliche, sondern auch gesellschaftliche Konsequenzen:
Was passiert, wenn nichts mehr produziert wird? Wenn alle Dienstleistung oder KI machen und sich damit auskennen, aber niemand mehr ein Rad wechseln oder eine Maschine bauen kann? Darüber müssen wir als Gesellschaft nachdenken und diskutieren. 

 

Warum der Mittelstand leidet – Vier große Belastungsfaktoren

Unabhängig von parteipolitischer Ausrichtung müssen wir die Realität anerkennen:

1. Regulatorischer Druck:
Lieferkettengesetz, ESG-Vorgaben, Datenschutz, Berichtspflichten – alles gut gemeint, aber in der Realität kaum umsetzbar – vor allem für KMUs.

2. Kostenexplosionen:
Energiepreise, CO₂-Bepreisung, Löhne und Sozialabgaben fressen die Marge auf – nicht wegen fehlender Aufträge, sondern wegen steigender Fixkosten.

3. Planungsunsicherheit:
Steuern, Förderprogramme und Auflagen ändern sich ständig. Investieren wird zum Risiko, nicht wegen Marktschwankungen, sondern wegen politischer Unberechenbarkeit.

4. Der deutsche Sonderweg:
Deutschland setzt internationale Vorgaben oft strenger um als nötig – ein Standortnachteil im globalen Wettbewerb. Der internationale Wettbewerb hält sich nicht an unsere Idealvorstellungen. Und das führt zu einem klaren Wettbewerbsnachteil für alle, die hier ehrlich wirtschaften wollen. 

Wenn ich in die Praxis schaue, dann sehe ich Mitarbeiter mit Ausbildung, die das gleiche verdienen, wie jemand ohne Ausbildung – weil sie aufgrund des Fachkräftemangels mit viel Geld abgeworben wurden. Im Betrieb meiner Kundin hat ein junger Mitarbeiter zu ihr gesagt: warum soll ich eine Ausbildung machen und drei Jahre auf Geld verzichten, wenn ich doch jetzt schon das gleiche Geld in einer anderen Firma verdienen kann? Wenn das Schule macht, dann geht unser deutsches Ausbildungsmodell den Bach runter und die Mitarbeiter werden nicht mehr zu Facharbeitern. Dann herrscht wirklich Fachkräftemangel! 

 

Vier Strategien erfolgreicher Unternehmer

Trotz allem gibt es Unternehmer, die vorangehen – und ihre Geschäftsmodelle anpassen. Ich beobachte vier Muster:

1. Fokussierung:
Weg von der Vielfalt – rein in profitable Nischen.

2. Automatisierung:
Investition in Maschinen statt Menschen – nicht aus Technikbegeisterung, sondern aus Überlebenswillen.

3. De- oder Re-Globalisierung:
Entweder Rückverlagerung nach Deutschland – oder gezieltes Outsourcing, um dem Standortnachteil zu entkommen.

4. Neupositionierung:
Vom Produzenten zum Problemlöser – mit Service, Beratun und digitalen Zusatzleistungen.

Kurz gesagt: Die Geschäftsmodelle werden verschlankt, verlagert oder komplett neu gedacht. Zumindest von den innovativen Unternehmern. 

 

Drei Fragen, die dein Geschäftsmodell verändern können

Wenn du wissen willst, wo du ansetzen kannst, helfen dir drei Schlüsselfragen:

1. Verdienen wir mit dem Was – oder mit dem Wie?

Diese Frage soll dich dazu bringen, nicht nur das Produkt oder die Dienstleistung an sich zu betrachten, sondern die Art und Weise, wie dieses Produkt oder Dienstleistung Wert schafft – und ob genau darin eigentlich noch die Marge liegt. 

Beispiel: Ein klassischer Maschinenbauer verkauft z. B. CNC-gefräste Teile. Er verdient aber nicht mehr richtig mit dem „Was“ (dem Teil an sich), weil es weltweit günstiger angeboten wird. 

Was ihm noch Gewinn bringt, ist das „Wie“: seine Liefertreue, seine Prozesssicherheit, sein Know-how in der Qualität und sein schneller Service. 

Also: Die eigentliche Wertschöpfung hat sich verschoben – weg vom Produkt, hin zum Prozess oder zur Dienstleistung drumherum. 

Wenn die Marge nicht mehr im Kernprodukt liegt, sollte man sein Modell hinterfragen: 

  • Warum bin ich noch im Markt? 
  • Was schätzen meine Kunden wirklich? 
  • Womit verdiene ich unter dem Strich eigentlich Geld – und womit nicht? 

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2. Würde ich mein Geschäftsmodell heute wieder so aufbauen?

Das ist eine scheinbar einfache, aber in der Tiefe sehr kraftvolle Frage. Sie zwingt dich als Unternehmer, deine aktuellen Strukturen, Abläufe und Angebote mit frischem Blick zu betrachten – so, als wärst du heute ein Gründer. Und warum ist das wichtig? 

Weil viele Geschäftsmodelle historisch gewachsen sind. Man hat vor 10, 20 oder 30 Jahren mit einem bestimmten Produkt, einem bestimmten Markt oder einer bestimmten Technik angefangen – und sich Stück für Stück daran angepasst. Oft entstanden neue Abteilungen, Zusatzleistungen oder Prozesse nicht strategisch, sondern aus Notwendigkeit oder Kundenwunsch heraus. 

Das Ergebnis: die Komplexität steigt, Fixkosten steigen mit und irgendwann ist das Modell nicht mehr effizient, sondern überfrachtet. 

Die Frage „Würde ich das heute wieder so machen?“ bringt Klarheit: 

  • Würde ich mit dieser Fertigungstiefe starten – oder eher mit Partnern arbeiten? 
  • Würde ich mich noch auf diesen Markt konzentrieren – oder ist er längst gesättigt? 
  • Würde ich diese Maschinen wieder kaufen – oder lieber in Software oder Service investieren? 
  • Würde ich mich so stark von einzelnen Kunden abhängig machen?

 

Sie hilft dir, zwischen dem zu unterscheiden, was traditionell gewachsen, aber vielleicht überholt ist – und dem, was zukünftig tragfähig ist. Und sie führt zu der vielleicht wichtigsten Einsicht: Nur weil wir etwas schon lange machen, heißt das nicht, dass wir es weitermachen müssen. 

Diese Frage schafft die Grundlage für mutige Entscheidungen – gerade in einem Umfeld, in dem der Veränderungsdruck nicht mehr nur vom Markt, sondern von der Politik kommt. 

 

3. Wo liegt meine größte Abhängigkeit – und wie kann ich sie reduzieren?

Jedes Geschäftsmodell hat Schwachstellen – aber viele fallen erst auf, wenn der Engpass zuschlägt: 

Ein wichtiger Lieferant fällt aus. Ein Energiepreis explodiert. Ein Gesetz ändert sich. Oder der einzige fähige Schweißer kündigt. 

Deshalb ist die Frage nach der größten Abhängigkeit so entscheidend – gerade in Zeiten, in denen externe Einflüsse kaum steuerbar sind. 

Typische Abhängigkeiten in produzierenden Unternehmen sind: 

  • Personelle Abhängigkeit: Wenn bestimmte Mitarbeiter Schlüssel-Know-how haben, das sonst keiner beherrscht. 
  • Kundenabhängigkeit: Wenn ein einzelner Großkunde 40 % des Umsatzes ausmacht – und jederzeit abspringen kann. 
  • Lieferantenabhängigkeit: Wenn nur ein einziger Zulieferer bestimmte Materialien in der geforderten Qualität oder Geschwindigkeit liefern kann. 
  • Technologische Abhängigkeit: Wenn eine Produktion auf Software oder Maschinen basiert, für die es kaum Alternativen gibt. 
  • Standortabhängigkeit: Wenn z. B. hohe Energiepreise am Heimatstandort das gesamte Geschäftsmodell gefährden – und eine Verlagerung kaum denkbar scheint. 

 

Die gute Nachricht: Abhängigkeiten kann man erkennen – und gezielt entschärfen. Das bedeutet nicht, alles aufzugeben oder sofort zu verlagern. Aber es heißt: 

  • Wissen breiter verteilen, Prozesse dokumentieren. 
  • Kundenstruktur überdenken und diversifizieren. 
  • Alternativen aufbauen – nicht erst, wenn’s brennt. 
  • Notfallpläne entwickeln – gerade in Schlüsselbereichen. 


Unternehmerische Resilienz entsteht nicht durch Hoffnung – sondern durch Vorbereitung. Wer seine Abhängigkeiten kennt, kann bewusste Entscheidungen treffen – und bleibt auch dann handlungsfähig, wenn sich die Rahmenbedingungen plötzlich ändern.
 

 

Geschäftsmodelle brauchen keine Pflege – sie brauchen Funktion

Fazit: Die Spielregeln haben sich geändert. Wer sein Geschäftsmodell nicht aktiv hinterfragt, wird es irgendwann verteidigen müssen – oder verlieren.

Ein Geschäftsmodell ist kein Erbstück. Es muss nicht gepflegt werden – es muss funktionieren.

Deshalb:
Raus aus der Reaktion – rein in die strategische Kontrolle.

Wert entsteht dort, wo du Probleme besser löst als andere. Alles andere ist austauschbar.

Wenn du dein Geschäftsmodell auf den Prüfstand stellen willst, schau dir mein Coaching-Angebot an.